Knappes, teures Bauland ist eine der Ursachen für den akuten Wohnraummangel. Eine Lösung bietet hier die Nachverdichtung. Durch Aufstockung von Bestandsgebäuden, Dachgeschossausbau (vertikale Nachverdichtung), Schließung von Baulücken oder Brachflächen (horizontale Nachverdichtung) kann zusätzlicher Wohnraum mit einer hohen städtebaulichen und architektonischen Qualität in begehrten Lagen geschaffen und die wachsende Zersiedelung der Landschaft in Grenzen gehalten werden.
Wohnungsneubau kann außerhalb (Außenentwicklung) oder innerhalb eines bestehenden Siedlungsgebiets (Innenentwicklung) erfolgen. Wenn Letzteres die Bebauungsdichte erhöht, wird dies als bauliche Nachverdichtung im Wohnungsbau bezeichnet. Nachfolgende Tabelle zeigt die verschiedenen Möglichkeiten zur Wohnraumentwicklung durch Nachverdichtung und andere Maßnahmen. (SRU 2018)
Planungsrechtlich werden Maßnahmen der Nachverdichtung, abgesehen von zulässigen Ausnahmen, zwar begrenzt durch die Dichtevorgaben (Grundflächen- und Geschossflächenzahl) der Baunutzungsverordnung (BauNVO), der gemäß Landesbauordnung einzuhaltenden Abstandsflächen sowie der maximalen Trauf- oder Firsthöhe, die meist im Baubebauungsplan festgelegt ist. Einer Studie der TU Darmstadt, Fachbereich Architektur und des Eduard Pestel Institut e.V., Hannover aus 2016 zufolge könnten aber bis zu 1,5 Mio. Wohneinheiten mit rund 116 Mio. Quadratmetern Wohnfläche durch Aufstockungen auf Mehrfamilienhäusern in Großstädten, Ballungsräumen und Universitätsstädten entstehen. Auch wenn die Wirtschaftlichkeit einer Aufstockung im Einzelfall zu prüfen sei, könne aber grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass durch die Einsparung von Grundstückskosten und Nebenkosten für den Immobilienerwerb sowie Kosten für Erschließung und Infrastruktur Aufstockungen meist wirtschaftlicher realisierbar sind als vergleichbare Neubauten. (TU Darmstadt 2016)
Zusätzliches Potenzial für 1,3 Mio. Wohnungen à 75 Quadratmeter Wohnfläche bietet die Aufstockung und Umnutzung von Nichtwohngebäuden:
Insgesamt bieten die Aufstockung von Wohngebäuden und die Aufstockung und Umnutzung von Nichtwohngebäuden somit ein Potenzial für bis zu 2,8 Mio. Wohnungen in urbanen Lagen. (TU Darmstadt 2019)
Die zunehmende Dichte hat aber auch Nebenwirkungen. Viele Anwohner verbinden mit der baulichen Nachverdichtung einen Verlust an Privatsphäre, Frei- und Grünflächen, eine Verschlechterung der Aussicht und Lichtverhältnisse (Verschattung) sowie des Mikroklimas bis hin zur Veränderung der Anwohnerstruktur, Zunahme der Verkehrsdichte und Auslastung der sozialen Infrastruktur (Kindergärten, Schulen etc.). Daher kommt es bei entsprechenden Entwicklungsprojekten immer öfter zu Konflikten zwischen Anwohnern und Projektentwicklern. Vorausschauend eingesetzt kann hier Partizipation moderierend wirken.
Für Aufstockungen im Bestand bieten sich leichte Bauweisen mit Elementen und Modulen an.
Für die Nachverdichtung kann auch eine individuelle Vorfertigung geeignete Lösungen bieten.
Hier finden Sie eine Auswahl an Projekten und weiterführender Literatur zum Seriellen Bauen.